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ZEIT - Eine Evolution des Nichtgleichgewichts
 Physikalisch-statistisches Modell der Nichtgleichgewichtsverteilungen
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1.Einführung.

In diesem Abschnitt legen wir Grundlagen einer Theorie der Nichtgleichgewichtsverteilungen (Verteilungsschweife) potentiell instabiler Makroobjekte dar. Sie wurde anfänglich als Theorie der Diagnostik latenter Defekte in technischen Makrosystemen [ 1-3 ] entwickelt. Davon ausgehend versuchen wir weiter, eine Idee der eigenartigen "Dreidimensionalität der Zeit" zu verdeutlichen .

Wie es weiter zu sehen ist, kann man zu Makroobjekten nicht nur technische Objekte, sondern auch Lebewesen, Wirtschaftsobjekte, Arbeitsabläufe usw. zuzurechnen, die man in einem Begriff "Makroobjekte" zusammenfassen kann.

Aber warum bei der Betrachtung der "Zeitdimensionen" steht hier im Vordergrund nichts anderes als statistische Gesetzmässigkeiten?

Der "Grad" der Zeitirreversibilität im "Leben" jedes einzelnen Makroobjekts ist lediglich durch die Geschwindigkeit des irreversiblen Entwicklungsprozesses latenter Defekte (Entstehen und Akkumulation der Beschädigungen) in seiner Struktur zu beobachten. Wenn man weiter eine Gesamtheit von typengleichen Makroobjekten von Standpunkt der Makroobjektlebensdauer aus betrachten will, so ist die statistische Analyse prinzipiell im Zustand, Makroobjekte mit den nahen Lebensdauern zu gruppieren und entsprechende Grade der Zeitirreversibilität für die Gruppen zu ermitteln.
Dabei, wie es weiter gezeigt, sieht die Sachlage so aus, als ob einige Gruppen in ihren eigenen "Zeitmaßstäben" oder sozusagen "Zeitdimensionen" existieren. Die Geschwindigkeiten der Prozessabläufe unterscheiden sich so groß, dass sozusagen ein "Vertreter" von einer ("jüngerer") Gruppe kaum irgendwelche Veränderungen in einer nachfolgenden Gruppe feststellen kann. Nur in diesem engeren Sinne führen wir Zeitdimensionen auf einer Achse der Zeit ein.

Mit der Forschung solcher Zeitmaßstäbe beschäftigt sich dieser Abschnitt. Als Instrument dabei ist das Evolutionsbild der Nichtgleichgewichts - Verteilungsfunktionen oder kurzum der Nichtgleichgewichtsverteilungen zu betrachten .

2. Unfähigkeit der üblichen (Gleichgewichts-) Statistik.

Die grundlegenden Begriffe, die man bei der statistischen Analyse meistens benutzt, sind Wahrscheinlichkeitsverteilung (im weiteren einfach Verteilung) F(x) = P(x) =  f(s)ds und deren Dichtefunktion f (x), wobei x eine zufällige Größe ist.  Aber die Komplexität der heutigen praktischen Aufgaben führt immer öfter auf Unmöglichkeit der richtigen Interpretation der empirischen Häufigkeitsverteilungen der Messwerte mittels der bekannten theoretischen Dichtefunktionen (Normal-, Weibullverteilung usw). In der Regel beobachtet man wesentliche Nichtübereinstimmungen in den Instabilitätsbereichen der sogenannten "Verteilungsschweife" ("Heavy tails of distributions").  Solche Verteilungsschweife können in der Praxis den Anfangsverteilungen angehören, im Laufe der Zeit können Verteilungsschweife verschwinden und dann wieder entstehen [ 1-3 ], d. h. Messwerte (Charakteristika der untersuchten Makroobjekte) in den Bereichen der Verteilungsschweife sind merklich instabil.

Experimentaldaten zeugen davon, dass Makroobjekte mit instabilen Messwerten in der Regel latente Defekte in ihrer Struktur enthalten. Diese latente Defekte verursachen Ausfälle der Makroobjekte in der Ausnutzung, wobei es Frühausfälle  ("early failures" [ 4,1-3 ])  gibt, wenn Verteilungen (von Messwerten) anfänglich Verteilungsschweife besitzen. Es gibt auch Ausfälle wegen des Verschleißes ("wear-out failures" [ 4,1-3 ]), wenn Makroobjekte während der Ausnutzung altern, in diesen latente Defekte entstehen ( dann zunehmen ) und entsprechende Messwertsverteilungen Verteilungsschweife bekommen.

Dabei beobachtet [ 4,1-3 ] man eine empirische Gesetzmäßigkeit, und zwar eine Hierarchie der Zeitmaßstäbe :

( ZM )tanomal<< tnormal<< talt .

In dieser Ungleichung ist tanomal laufende Zeit im Bereich des "anomalen" Maximums der Frühausfälle , tnormal ist laufende Zeit im Bereich der normalen Ausnutzung ("Lebensfunktion") der nicht defekten Makroobjekte und talt ist laufende Zeit im Bereich des Verschleißmaximums ("Alterungsmaximums"). Im Zeitbereich tanomal beobachtet man eine Evolution der anfänglichen Verteilungsschweife bis zum nachfolgenden Verschwinden. Im Bereich tnormal sind die Verteilungsfunktionen stabil und besitzen keine Verteilungsschweife. Die Ausfallrate im Bereich tnormal erreicht ihren Minimalwert und bleibt im diesen Bereich konstant. Im Bereich talt entstehen die Verteilungsschweife abermals und sind wieder instabil.

Die Abb.1 demonstriert ein empirisches Beispiel (aus dem technischen Bereich [ 4,5 ]) zur bimodalen Ausfallrate . (In allen Abbildungen verwenden wir Abkürzungen "anom" und "norm" für Wörter "anomal" und "normal") Eine bimodale Ausfallrate charakterisiert das prinzipielle Vorhandensein der zwei Maxima : des Anomal- und des Verschleißmaximums. In der Praxis können mehrere Maxima wegen der Mischung von Produktionspartien (z.B.) auftreten, aber es gibt auch in diesem Falle eine entsprechende Mischung der bimodalen Ausfallrate . Die Ergebnisse, wie es aus Abb. 1 zu sehen ist, waren durch die zeitraffenden Hochtemperaturprüfungen von elektronischen integrierten Schaltungen CD4000 erzielt. Dabei wurde das verallgemeinerte Eyring-Model (siehe auch [ 12 ]) zur Extrapolation der zeitraffenden Prüfungen an Normalbedingungen benutzt.

Bimodale Ausfallrate von integrierten Schaltungen CD4000

Die oben bezeichneten Zeitgrößen liegen unter Normalbedingungen der Ausnutzung in folgenden Intervallen: tanomal = 10 ÷ 104 Stunden (Std.), tnormal = 104 ÷ 107 Std., talt = 107 ÷ 1012 Std . Eine analoge Situation gibt es in medizinischen Forschungen [ 6 ] und eine ähnliche Hierarchie der Zeitmaßstäbe tritt in Erscheinung aus den Sterblichkeitskurven . Zum Beispiel, ergeben sich vom männlichen Bevölkerungsanteil folgende Angaben : tanomal = 0 ÷ 4 Jahre (ein Maximum der Kinderfrühsterblichkeit wegen der Geburtsanomalien oder "Defekte von Geburt"); tnormal erstreckt sich etwa bis zu 40 Jahren (Lebensfunktion mit der Mindeststerblichkeit) und im Laufe der weiteren Zeit beobachtet man ein stetiges Anwachsen der Sterblichkeit bis zu ihrem Maximum usw. Ähnliche Beispiele können auch aus den anderen Bereichen (z.B. sozial-wirtschaftlichen) angeführt werden.
Dies ist der Sachverhalt in der Praxis.

Wie es in [ 7 ] bemerkt wurde, ergaben alle theoretischen Stichprobenmethoden der statistischen Auswertung und Datenanalyse fehlerhafte Resultate in Bereichen der Verteilungsschweife , besonders bei der riesigen Asymmetrie dieser Verteilungsschweife. Zahlreiche Forschungen, die in [ 1-2 ] analysiert wurden, bestätigten diese Schlussfolgerung. So erwiesen sich als erfolglose nicht nur allbekannte Verteilungstypen, sondern auch spezielle Approximationsmethoden [ 8,9,10,12,1-2 ]: Pearsonsche Dichtefunktionen, die Reihen von Gram-Charlier (Typs A) und Edgeworth, andere Approximationsreihen, Käpteinsche und Johnsonsche Verteilungsklassen usw. In der Praxis nahm man oft die anomalen Messwerte aus den Zufallsstichproben aus, indem man statistische Informationen über potentiell instabile Makroobjekte aus der Betrachtung ausschloss. Von den verteilungsunabhängigen statistischen Verfahren konnte man kaum Gebrauch machen, weil die Rede gerade von Verteilungen ( von der "Schweifdynamik" ) ist .

Diese gewöhnlichen Methoden zur Glättung der empirischen Häufigkeitsverteilungen der Charakteristika von untersuchten Makroobjekten ergaben annehmbare Ergebnisse nur in den Bereichen tnormal ,  in denen potentiell instabile Makroobjekte schon in der Stichproben (Grundgesamtheiten) fehlen. Diese mathematisch - statistischen Methoden galten nicht in den Bereichen tanomal und talt , in denen potentiell instabile Makroobjekte gerade vorhanden und aktiv sind . Bei solchem Entwicklungsniveau der Theorie gab es keine Chancen zu effektiven Diagnostik und Screening ("nicht-zerstörenden Tests") von Makroobjekten mit latenten Defekten, bevor Defekte in der Ausnutzung in Kraft treten und Ausfälle bringen können.

Daraus wurde ersichtlich, dass eine Unvollständigkeit der mathematisch-statistischen Theorie durch eine physikalisch-statistische Beschreibung der Entwicklungsprozesse der latenten Defekte zu ergänzen ist, um die obigen empirischen Gesetzmäßigkeiten zu erklären und eine effektive Diagnostik in die Wirklichkeit umzusetzen.

Zu erwähnen ist , dass der Entwicklungsprozess der Zuverlässigkeitstheorie [ 8,12 ] selbst die neuen Ideen zur Folge hatte . In einer (nach [ 12 ] ) vortrefflichen Systematisierung der Klassen von Lebensdauerverteilungen , die man in der klassischen Zuverlässigkeitstheorie betrachtete, ist die Rede eigentlich von den Alterungsausfällen. Mit der Entwicklung der Elektronentechnologien und größer werdenden Zuverlässigkeit entstand das Problem der Frühausfälle [ 1,2,4,5 ], die sich auf ein sehr beträchtliches Intervall tanomal erstreckten und die in der erarbeiteten Verteilungsklassen (z. B. in der Modellen der DFR(DFRA)-Lebensdauerverteilungen oder Hjorth - Verteilungen) eigentlich nur implizit betrachtet wurden . Der neue Sachverhalt hatte eine weitere Entwicklung zeitraffender Zuverlässigkeitsprüfungen zur Folge, die wirkliche Gesetzmäßigkeiten und neue Entwicklungsideen ergaben . Die badewannenförmige Hjorth-Verteilung war schon wesentlich näher zur wirklichen bimodalen Form der Ausfallrate . Es ist interessant, zu bemerken, dass ein anfänglich potentiell instabiles Makroobjekt damals als "ein zwar altes, aber noch intaktes Makroobjekt" benannt wurde. Wie es weiter zu sehen ist, ist diese Benennung auf Grund der Invarianzeigenschaft des kritischen Instabilitätsbereichs aber fast richtig.

Aus dem oben Dargestellten wird ersichtlich, dass die ersten Aufgaben waren, die Verteilungsfunktionentheorie auf die Zeitbereiche tanomal und talt zu verbreiten und die experimentell beobachteten Hierarchie der Zeitmaßstäbe und Dynamik der Verteilungsschweife theoretisch zu beschreiben .

3. Physikalisch - statistisches Modell der Nichtgleichgewichtsverteilungen.

3.1. Ausgangsvorstellungen.

Es ist bekannt, dass sich potentiell instabile Makroobjekte als lokal Nichtgleichgewichts - oder "lokal dissipative" (bei Energiezufuhr) Strukturen erweisen. Die beim Energietransport entstehende Energiedissipation verursacht Veränderungen in den Bereichen der lokalen Defekte von potentiell instabilen Makroobjekten, dabei ein Anteil (potentiell zuverlässige Makroobjekte) von defekten Makroobjekten ganz stabil und normal am Ende des Intervalls t anomal wird. Hier geht es um die stabilisierenden Änderungen in den defekten Objektstrukturen. Der restliche Anteil (potentiell unzuverlässige Makroobjekte) wird im Bereich t anomal wegen der katastrophalen (bis zu einer kritischen Schwelle) Zunahme der lokalen Defekte ausgefallen. Wir betrachten dabei nur Tests ohne Ersetzung ausgefallener Makroobjekte. Als Ergebnis von beiden Prozessen gibt es meistens in Prüfungsstichproben am Ende des Intervalls t anomal keine instabilen Makroobjekte, instabilen Messwerte und folglich keine Verteilungsschweife mehr. Von diesem Zeitpunkt aus funktioniert die übliche Statistik. Wir führen nun im Geltungsbereich t normal der üblichen Gleichgewichts-Statistik eine spezielle Bezeichnung   f 0( mm ) für die Gleichgewichts-Dichtefunktion f(mm ) ein, wobei mm einen in der Praxis messbaren Parameter bezeichnet.

Wie sich zeigt, gelten im weiteren Zeitverlauf im Intervall t normal auch die Ausfallmechanismen, aber sie haben schon eine andere Natur. Die seltenen "Normalausfälle" werden durch die spontan entstehenden starken thermodynamischen Fluktuationen hervorgerufen. Die kleineren Fluktuationen gelten auch und schaffen überall in der Objektstruktur die Mikrobeschädigungen, aber sie sind wirkungslos und akkumulieren sich im Intervall t normal sehr langsam. Am Ende des Intervalls t normal wird die Mikrobeschädigungsakkumulation wirksam, woraus die "Alterungsmerkmale" der Gleichgewichtsverteilungen in Erscheinung treten. Man beobachtet eine Vergrößerung der Mittelwerte und Streuung von Verteilungen. Dabei werden der Typ und die Form der Messwertverteilungen im wesentlichen nicht geändert.

Nach dem Anfang des Intervalls t alt erreicht die lokale Akkumulation der Mikrobeschädigungen in einzelnen Makroobjektstrukturen ihre kritische Schwelle (dazu s. auch [ 12 ] ), was vom Standpunkt der Physikalischen Kinetik aus [ 5 ] das Entstehen eines lokalen "Keimes" der neuen Phase in der Makroobjektstruktur zeigt. Wir haben einen solchen Keim eigentlich oben als ein latenter Defekt betrachtet. Damit ändert sich der Typ der Parameterverteilung und es enstehen wieder die neuen Nichtgleichgewichts-Verteilungsschweife.  Die Änderung der Abmessung eines solchen Keimes wird in der Physikalischen Kinetik, und zwar in der Theorie von J. B. Seldowitsch [ 5 ] durch die Fokker-Plancksche Differentialgleichung beschrieben. Dabei gibt es eine kritische Schwelle der Abmessungen und zwei Entwicklungsmöglichkeiten in Abhängigkeit von der Abmessung des Keimes. Ist die Abmessung weniger als kritische Schwelle, so wird sich der latente Defekt bis zu seinem Verschwinden verringern. Ist diese Beziehung gegensätzlich, so wird sich die neue Phase (latenter Defekt) unumkehrbar bis zum Makroobjektausfall vergrößern. Genauer existiert um diese kritische Schwelle herum wegen der Wärmefluktuation der ganze kritische Instabilitätsbereich der Keimabmessung, in dem der Keim über die zwei erwähnten Entwicklungsmöglichkeiten verfügt. Zu betonen ist, dass die beiden Möglichkeiten nur im Bereich t anomal verwirklicht werden, weil die "Keime der verborgenen Defekte" hier durch Fluktuationen der Herstellungsart der Makroobjekte entstanden sind. Hingegen im Bereich t alt bleibt mit großer Wahrscheinlichkeit nur die Ausfallmöglichkeit, weil eine endliche lokale Strukturstabilisierung wegen des allgemeinen Strukturverschleißes sowieso ausgeschlossen ist.

Im Rahmen der angewandten Nichtgleichgewichts- Statistik werden wir potentiell instabile Makroobjekte mittels der Nichtgleichgewichtsverteilungen informativer diagnostischer Makroparameter phänomenologisch erforschen. In diesem Zusammenhang entsteht eine vom Standpunkt der formalen mathematischen Statistik aus prinzipielle Frage, ob eine Stabilität der statistischen Beschreibung und zwar der Begriff der Nichtgleichgewichtsverteilung in den Instabilitätsintervallen t anomal und t alt überhaupt existieren kann.

3.2. Prinzip des lokalen oder unvollständigen Gleichgewichts

Vom Standpunkt der Statistischen Physik aus werden alle Makroobjektmesswerte als makroskopische Größe (Makrobeschreibung) betrachtet. Der Begriff "Makrobeschreibung" wird immer auf ein Gleichgewichtssystem angewandt. Eine Möglichkeit der Makrobeschreibung des Nichtgleichgewichts- Makroobjekts begründet sich in der Thermodynamik irreversibler Prozesse [ 15,16 ] aus dem Prinzip des lokalen oder unvollständigen Gleichgewichts von Prigogine (PLG), wonach ein Nichtgleichgewichtsmakroobjekt seine irreversible Evolution zu einem vollständigen thermodynamischen Gleichgewicht durch eine Abfolge von Stufen (Zeitmaßstäben) der lokalen Gleichgewichtseinstellungen verwirklicht, wenn keine anomalen (z.B. katastrophalen) äußerlichen Einwirkungen stattfinden.
Dabei stellt es sich heraus, dass die Dauer jeder lokalen Gleichgewichtseinstellung ( i ) mindestens um eine Größenordnung größer als die Dauer der vorherigen Gleichgewichtseinstellung ( i-1 ) ist ,d.h.

(PLG)t lok (1) <<  t lok (2)  <<  t lok (3) << ...,

wobei t lok ( i ) die Dauer der lokalen Gleichgewichtseinstellungen (i = 1,2,3,.. ) darstellt. In dieser Folge ist jede Stufe zu betrachten als ein "quasistationärer Zustand" in Bezug auf die vorherige Stufe. Diese grundlegende Idee des sog. "Doppelzeitmaßstabs" führt darauf, dass die Parameterveränderungen auf die Stufe des quasistationären Zustands praktisch vernachlässigbar klein im Vergleich zu vorheriger Stufe sind . Das Angeführte findet voll eine Bestätigung in der obigen Hierarchie der Zeitmaßstäbe (ZM), d.h. die empirischen Intervalle tanomal, tnormal und talt sind als die Stufen t lok (1), t lok (2) und t lok (3) entsprechend zu betrachten.

Vom phänomenologischen Standpunkt aus besteht die Bedeutung von (PLG) für den Bereich tanomal darin, dass (PLG) die notwendigen Bedingungen verwirklicht, bei denen lokal defekte Gebiete ( t lok (1) ) den durch die äußerlichen (in Bezug auf das defekte Gebiet) Transportprozesse ( t lok (2) ) hervorgerufenen Veränderungen folgen können.

Die Existenz des ähnlichen "Doppelzeitmaßstabs" im beliebigen (nicht nur im technischen) Makrosystem illustriert man oft anschaulich mit so einem Beispiel. Es gibt eine Urne mit einer großen Anzahl (ein Merkmal des Makroobjekts) von weißen Kugeln und die zweite mit einer großen Anzahl von schwarzen Kugeln. Man zieht jedesmal eine weiße Kugel aus der ersten Urne und legt diese in die zweite Urne. Gleichzeitig transportiert man eine schwarze Kugel aus der zweiten Urne in die erste. Zum Ziel hat man dabei eine gleichmäßige Verteilung der weißen und schwarzen Kugeln an die beiden Urnen. In kurzer Zeit bemerkt man, dass es prinzipiell notwendig ist (um dieses Ziel zu erreichen), beide Urnen zwischen den einzelnen Transportprozessen schnell und intensiv zu schütteln, um die Kugeln in den beiden Urnen gut zu vermischen (lokale Gleichgewichtseinstellung). Der Transportprozeß zwischen den Urnen in diesem allgemeinen Beispiel läuft ununterbrochen ab, wenn die Dauer jedes Einzelschüttelns mindestens um eine Größenordnung weniger als die Dauer des entsprechenden Einzeltransports ist, d.h. es kann im Prinzip einen "Doppelzeitmaßstab" in den Prozessen lokaler Gleichgewichtseinstellungen unabhängig von der Natur der Makroobjekte gegeben haben.

Auf Grund des Dargestellten wurden die Beziehungen (PLG) und reelle Größenordnungen der Zeitmaßstäbe dem phänomenologischen Modell der Nichtgleichgewichtsverteilungen zugrunde gelegt.

3.3. Abgeschlossenheit potentiell instabiler Makroobjekte.

Schematisch ausgedrückt existiert ein lokaler Gleichgewichtszustand im Bereich des latenten Defektes so lange bis relativ langsamere äussere Energie- und Stofftransportprozesse einen aus der Abfolge (PLG) weiteren Gleichgewichtszustand mitbringen. Während dieser "Zwischenzeit" besitzt ein solcher lokaler Gleichgewichtszustand im diesen Bereich alle Charakteristika des üblichen Begriffes des vollständigen Gleichgewichts, obwohl sich seine Charakteristika von der Gleichgewichtscharakteristika der umringenden Strukturbereiche immerhin zeitweilig unterscheiden. Während dieser Zwischenzeiten können die lokal defekten Bereiche und folglich Makroobjekte im ganzen als quasiabgeschlossene (QAB-) Systeme betrachtet werden. Zu selben Zeit gilt eine Makrobeschreibung der Nichtgleichgewichtsmakroobjekte.

Aber wie lange dauert diese Makrobeschreibungsmöglichkeit, bei der man die Makroparameter messen kann? Unter den Begriff der abgeschlossenen Systeme fallen in der Statistischen Physik diejenige Systeme, die mit der Außenwelt nicht zusammenwirken, d.h. die Energie der Zusammenwirkung zwischen den defekten und restlichen Strukturgebieten in unserem Fall muss vernachlässigbar klein im Vergleich zur eigenen inneren Energie  Ê  sein. Es ist wirklich so, wenn wir nur die im defekten Gebiet entstehende Dissipationsenergie und genauer nur ihren Anteil betrachten, der nicht nur z.B. die Temperatur ändert, sondern auch eine strukturelle Änderung des verborgenen Defekts verwirklicht. Diese Annahme gilt, wenn wir nur Ausfallmechanismen (Ensemblestabilisierung) untersuchen und sich für keine anderen, d. h. reversiblen Prozesse interessieren. Demnach beschreibt dieses Modell nur diejenigen Verteilungsveränderungen, die durch irreversible Strukturveränderungen bedingt werden.

Führen wir nun die folgenden Bezeichnungen ein : tm -  eine Zeitspanne, die erforderlich ist, um einen bestimmten Parameter mm an allen Makroobjekten einer Stichprobe einmalig messen zu können ; ê -  die Größe der Dissipationsenergie, die während der Zeitspanne tm im Gebiet des latenten Defekts akkumliert wird und eine entsprechende Parameteränderung mm zu Folge hat und Ê - eine eigene innere Energie des Makroobjekts , dann erhalten wir eine den Größenordnungen gemäße Beziehung:

ê  Ê    mm  mm    tm  t anomal

Die Messzeit tm  kann in der Praxis je nach dem Messmittel maximal ein Paar Stunden ausmachen. Hingegen ist die Zeit der bemerkbaren Parameterveränderungen nach den experimentellen (z.B. obigen) Angaben vergleichbar mit laufenden Größen t anomal ( hunderte bis tausende Stunden ). Dies ergibt offensichtlich tm   t anomal  0 und danach

(QAB) ê  Ê    mm  mm   0 ,

woraus folgt die Quasiabgeschlossenheit (QAB) der potentiell instabilen Makroobjekte während jeder Messprozedur überall im Zeitintervall t anomal usw. Somit wird die oben in Frage gestellte Existenzmöglichkeit der Nichtgleichgewichtsverteilungen bejahend beantwortet.

Aus der Quasiabgeschlossenheit der Makroobjekte mit verborgener Defekte ergibt sich unmittelbar eine wichtigste Eigenschaft der irreversiblen Vorgänge. Sie besteht darin, dass die Nichtgleichgewichtsveränderungen der Objektmakrozustände im Zeitmaßstab  t anomal  als homogene markowsche Prozesse zu betrachten sind. Dies ermöglicht die Einführung einer Übergangswahrscheinlichkeitsdichte in der folgenden phänomenologischen Form u(m,n), wobei m eine normierte (wir gehen ins Detail unten ) Parametergröße und n = m eine Änderung dieser Parametergröße ist. Die Funktion u(m, n) definiert die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Makroobjekt während einer zeitlichen Maßeinheit, z.B. 1 sec., aus einem Zustand mit der Parametergröße m in einen anderen Zustand mit der Parametergröße  m+n  übergeht.

Wir verwenden im allgemeinen normierte m, aber es ist möglich, Messwerte mm zu betrachten. Es sei darauf hingewiesen, dass die Messzeit fast immer hinreichend klein ist, um die Quasiabgeschlossenheit der potentiell instabilen Makroobjekte und folglich den markowschen Charakter der Zustandsübergänge als grundlegende Eigenschaften dieses Modells zu betrachten.

Um diese Eigenschaften in der Statistik ausnutzen zu können, führen wir nun einen Begriff des "reellen" statistischen Ensembles als irgendeine Grundgesamtheit (entsprechend eine Zufallsstichprobe), die aus den quasiabgeschlossenen potentiell stabilen und instabilen Makroobjekten besteht. Aus diesem Grund kann man den Liouvilleschen Satz [ 15,16 ] schon im Makroparameterbereich des reellen Ensembles interpretieren und eine ("im großen gesehen") von der Zeit abhängige Wahrscheinlichkeitsdichte  f (mm, tanomal) einführen, die sich aber während der Messintervalle tm nicht verändert und schon die gesuchte Nichtgleichgewichtsverteilung darstellt.

3.4. Fokker-Planck-Kolmogorow Gleichung.

Im Raum der messbaren Makroobjektparameter (wir betrachten nur eine Dimension) können wir die Funktion  f (mm, t anomal)  durch eine allgemeine Kontinuitätsgleichung (ein Analogon der Liouville - Gleichung [ 15,16 ]) definieren, und zwar

(KG)tf(m, t) =  [ f(m - n, t) u(m-n, n) - f(m, t) u(m, n ) ] dn   .

Hier ist die normierte Variable  t  durch  t = (t anomal - tanf taRel definiert . Dabei sind tanf eine kurze Zeit (< < t anomal) des Anfangsüberganges zum QAB - Zustand und taRel eine Relaxationskonstante des ganzen Ensembles im Bereich des anomalen Maximums . Für  m  ist die Normierung m = (mm - µ)  dieselbe, die bei der Definiton [ 11,2 ] von Standardnormalverteilung (z. B. f0N(m) in Abb. 2) üblich ist, d.h. µ die mm- Koordinate des Maximums (der "Modalwert") von Gleichgewichts - Dichtefunktion f0(mm) und die Standardabweichung von f0(mm) sind. Hier findet sich der Unterschied zur Gram - Charlier - Entwicklung (Typs A). Statt des Datenmittelwerts wird hier dem µ als der Koordinatenursprung für mm der Modalwert, und zwar der stabilste, wie es weiter gezeigt, Wert von m zugewiesen. Das hat Sinn bei der Betrachtung von den vom t abhängigen Angaben in der Gleichung (KG). Die Bezeichnung t stellt einen einfachsten Typ von Bezeichnungen der partiellen Ableitungen nach einer der Variablen (hier nach t) dar. Aus (QAB) folgt offensichtlich, dass u(m,n) den Charakter der sog. Diracschen Deltafunktion [ 1,16 ] bezüglich  n  annimmt, d.h. bei beliebigem  m  die Variable  n  sehr scharf um den Wert  0  herum verteilt ist. Deswegen führen uns die in der Gesamtansicht im (KG) bestimmten unendlichen Grenzwerte der Integration nicht auf die Entstellung der Ergebnisse. Angesichts der Tatsache, dass n sehr klein ist, betrachten wir in (KG) eine Taylorentwicklung von f(m - n, t)·u(m-n, n) in  n  um den Punkt m und beschränken uns bis auf Potenzen zweiter Ordnung in n.

Daraus ergibt sich eine fürs ganze Modell grundlegende Gleichung :

(FPK)tf ( m, t ) = - ms ( m, t ) ,

wobeis(m, t) = a(m) f(m, t) - m[ b(m) f(m, t) ]       f(m, t) dm = 1,
a(m) = n u(m, n) dm ,    b( m ) = ½n2 u( m, n ) dn .

Selbstverständlich setzen wir voraus, dass f(m,t) einmal nach t und zweimal nach m differenzierbar ist.

In dieser Form wird (FPK) in der Literatur Fokker-Planck-Kolmogorow Gleichung oder FPK-Gleichung genannt. Sie definiert Evolutionen der Nichtgleichgewichtsverteilungen (mit anfänglichen Verteilungsschweifen) im Zeitbereich tanomal. Wegen der fortwährenden Elimination potentiell instabiler Makroobjekte (siehe 3.1.) aus der Prüfstichprobe während ihres Überganges zum stationären Zustand wird f(m, t) immer näher und näher zu f0(m), so dass gilt

(GB1)     f(m, t) = f0(m)

und somit aus FPK-Gleichung für die Wahrscheinlichkeitsstromdichte s(m, t)  auch

(GB2)     s(m, t) = s0 0 .

Die Veränderungen in der Makroobjektstruktur im stationären Zustand sind um viele Größenordnungen langsamer als diejenige , die der im Zeitmaßstab tanomal geltenden FPK-Gleichung zugrunde liegen. Deswegen haben wir in Limesrelationen (GB1) und (GB2) eine Unendlichkeitsbezeichnung im Limes statt tanomal(Ende) eingeführt und s0 = const (m) in (GB2) auf die Null gesetzt. Auf solche Weise "gestalten" wir die erste Zeitdimension aus der oben "allegorisch" eingeführten Dreidimensionalität der Zeit. Wir definieren nun den stationären Geltungsbereich der üblichen Statistik tnormal mit der zugehörigen Dichtefunktion f0(m) als ein Gleichgewicht des reellen Ensembles nach Parameter m.

Aus FPK-Gleichung,(GB1) und (GB2) ergibt sich

(K) f0'(m)  f0(m) = [a(m) - b'(m)]  b(m) ,

Die linke Seite dieser Gleichung sieht genauso wie die linke Seite der bekannten Pearsonschen Gleichung

(P) f0'(m)  f0(m) = (x0 + x1m)  (y0 + y1m + y2m2)

aus, die wohl die einzige Approximationsgleichung ist, die auf eine elegante Weise alle bekannten Typen der Dichtefunktionen (ohne anomalen Verteilungsschweife) in der Praxis approximieren kann.

Auf die Beziehung zwischen diesen Gleichungen wurde von A. Kolmogorow in einem Artikel (××) hingewiesen, und zwar die Pearsonschen Dichtefunktionen können sich als einen Limesfall von FPK-Gleichung erweisen. Im weiteren wird gezeigt, dass b(m) ein Polynom des Grades nicht größer als 2 und a(m) des Grades nicht größer als 1 ist, d.h. die Gleichungen (K) und (P) stimmen miteinander überein.
Der Grad des Polynoms "b(m)" könnte größer als 2 (z.B. 3,4 usw., vgl. (VP_k)) entstehen, wenn sich man in der oben in (KG) eingeführten Taylorreihenentwicklung auf Potenzen höherer als 2 (z.B. 3,4 usw.) Ordnung in n beschränken würde.

Aus gemeinsamer Behandlung von (K) und Koeffizienten a(m), b(m) aus FPK-Gleichung folgt [ 1-3 ] eine grundlegende Gleichung

(MVG)mln u(m, n) + nln u(m, n) + mln f0(m) = 0 ,

die als eine Maßstäbeverbindungsgleichung benennen werden kann und die der weiteren Modellbildung zugrunde liegt. Wie oben angenommen ist, verstehen wir unter z. B.  mln u(m, n) die partielle Ableitung von  ln u(m, n)  nach m, wobei ln u(m, n) hier den natürlichen Logarithmus der Funktion u(m, n) bezeichnet.

Daraus ist ersichtlich, dass der Grenzzustand ( f0(m) im Intervall t normal ) der Evolution des Nichtgleichgewichtsensembles (f(m, t)) bestimmt den Mechanismus ( u(m, n)) dieser Evolution im Intervall t anomal. Das Endziel bestimmt den Nichtgleichgewichts- Prozeßverlauf.

Die Gleichung (MVG) hat eine allgemeine Lösung :

(DFP)u(m, n) = [( K1 · exp K2 f0(m) ]  · exp D( m - n ) ,

wobei K1 und K2 von m und n unabhängige Integrationskonstante sind, f0(m) eine übliche normierte (z. B. Normal-) Dichtefunktion ist und D( m - n ) eine im Rahmen dieser phänomenologischen Theorie unbekannte Funktion ist, bezüglich derer man nur behaupten kann, dass sie die ganze Funktion u(m, n) mit "Schärfe-Eigenschaft" der Diracschen Deltafunktion versieht. In diesem Fall spielt der vorangehende "unscharfe" Teil dieser Formel eine Rolle des sozusagen "Amplitudenganges"

(AG)ampl (m) = ( K1 · exp K2 f0(m),

der zum jeden Punkt m des Definitionsbereiches des f0(m) die Grösse der "Instabilitätswahrscheinlichkeit" u(m, n) bestimmt . Die Formel (AG) stellt theoretisch zum erstenmal (nach unseren Angaben) eine für alle Makroobjekte geltende allgemeine Gesetzmäßigkeit fest, und zwar das Zunehmen der Instabilitätswahrscheinlichkeit u(m, n) mit zunehmender Entfernung des Parameters m von der Verteilungsmitte, d. h. vom Modalwert. Der Modalwert ist dabei der stabilste Wert von Beobachtungswerten.

Daraus ist klar, dass sich potentiell instabile Parameterwerte ( Makroobjekte) in Schweifbereichen der Gleichgewichtsverteilungen f0(m)  (d.h. wo f0(m) 0 und ampl (m) )  lokalisieren müssen. Diese "Lokalisierungseigenschaft der Gleichgewichts-Verteilungschweife"  illustriert die Abb. 2, in der die Angaben über eine Normalverteilung angeführt werden. Instabilitätswahrscheinlichkeit der Makroobjekte Ein anomales "zugenommenes" Schweif (mit roter Farbe bezeichnet) der Nichtgleichgewichts- Normaldichtefunktion fN(m, t) zeigt auf eine anomal erhöhte Anzahl (einen Überschuß) der potentiell instabilen Makroobjekte im kritischen Instabilitätsbereich, d. h. im Schweifbereich der Standardnormaldichtefunktion f0N (m) = ( 2 ) -½ ·exp (-m2 2). Gleichzeitig beobachtet man eine relative Verminderung (grüne Farbe) des Anteils von potentiell stabilen Makroobjekten in der Mitte des f0N(m). Eine solche Deformation der Funktion f0(m) hat eine instabile Nichtgleichgewichts - Dichtefunktion fN(m, 0) mit vergrößerter Parameterstreuung zu Folge.

In der Regel ist der Anteil von potentiell instabilen Makroobjekten relativ klein und bleibt die Form von f(m,t) teilweise als eine Gleichgewichtsform im Bereich des Maximums von f0(m) erhalten, d.h. in irgendeinem Bereich, in dem sich der Punkt m = 0 meistens findet, gilt   fGl(m, t) = [ 1 - q(t) ]·f0N(m) , wenn man mit q(t) einen aus den potentiell instabilen Makroobjekten bestehenden Anteil und mit [ 1 - q(t) ] einen aus den stabilen Makroobjekten bestehenden Anteil von der Grundgesamtheit bezeichnet.

Wie die Abb.2 zeigt, wird der Einfluss von potentiell instabilen Makroobjekten mit wachsendem m ( hier m>0) immer stärker und folglich muss man den Gleichgewichtsteil fGl(m, t) von f(m, t) durch einen Nichtgleichgewichtsteil (ein Verteilungsschweif) fUnGl(m, t) = q(t)·f1N(m, t) ergänzen,was für die ganze Dichtefunktion ergibt

(L)fN(m, t) = [ 1 - q(t) ]·f0N(m) + q(t)·f1N(m, t) ,

wobei wie bei gewöhnlicher Mischung von Verteilungen alle Dichtefunktionen ( z.B. f1N(m, t) ) auf eins normiert werden müssen.
Die wichtigste Folge aus diesem physikalisch - statistischen Modell kann nun festgestellt werden. Durch (L) werden Nichtgleichgewichts - Dichtefunktionen f(m, t) in allgemeiner Form (hier für eine Parameterdimension) definiert, wobei das Vorhandensein potentiell instabiler Makroobjekte mit dem Anteil 0 < q(0)<<1 in Grundgesamtheit eine Streuungsvergrößerung im Vergleich zur Streuung der Dichtefunktion f0(m) immer zu Folge hat.
Aus der Abb. 2 ist es ganz offensichtlich und braucht keine weiteren Beweise.

Ein Beispiel der Nichtgleichgewichtskonzentration von Leukozyten Wie oben gesagt wurde diese Theorie anfänglich als Theorie der Diagnostik der elektronischen Systeme entwickelt. Man kann viele Beispiele für elektronische Komponenten in [ 1,2,3 ] finden. Hier möchten wir in Abb. 3 ein ähnliches Beispiel [ 6 ] aus der Medizin ( V.Vlassov ) anführen. Es wurde die Konzentration von Leukozyten im Peripherieblut bei Patienten von zwei Gruppen untersucht. Die erste Gruppe bestand aus den Patienten (427 Männer) in einer stationären Behandlung und die zweite Gruppe (85 Männer) aus den relativ gesunden Patienten. Auf der x-Achse sind die Konzentrationen von Leukozyten (die Anzahl in einem Liter) eingezeichnet. Die y-Achse stellt den entsprechenden Anteil (%) der Patienten dar. Die Funktion f0(m) entspricht der Gruppe von den relativ gesunden Patienten und f(m, t) der Gruppe von denen, die zu den Kranken gehörten.
Die Identität von Funktionen fN(m, t) und f(m, t) sowie f0N(m) und f0(m) auf den Abb. 3 und Abb. 2 legt uns den Gedanken nahe, dass das betrachtete physikalisch - statistische Modell der verborgenen Anomalien (z. B. Defekte, Krankheitsherde) auf verschiedene Naturprozesse anzuwenden ist.

Integrationskonstante, wie K1 und K2, definiert man im üblich durch eine Konkretisierung der für den Prozeß geltenden äußerlichen Bedingungen. Solch besondere Form der Funktion u (m, n), die einer Deltafunktion ähnlich ist, gibt keine Möglichkeit zum üblichen Definitionsverfahren der Integrationskonstante K1 und K2 aus irgendwelchen Randbedingungen in den irgendwelchen Punkten m und n. Aber die Funktion u (m, n) muss von den anderen äußerlichen Bedingungen, und zwar von den physikalischen äußerlichen Einwirkungen, z. B. Temperatur, abhängig sein. Deswegen detaillieren wir K1 und K2 als Funktionen von E und definieren danach einen für die irreversiblen Prozesse geltenden Beschleunigungskoeffizient (Faktor) ß(E) in der allgemeinen Form durch

(BF)ß(E) = K1(E) · exp K2(E) ,

wobei mit E eine Menge von äußerlichen Einwirkungen bezeichnet wird. Das Charakteristische in dieser Gesetzmäßigkeit besteht in ihrer Exponentialform, die für alle Ausfallmechanismen und entsprechenden Beschleunigungsfaktoren gelten muss.

Die Praxis bestätigt diese Folge durch Zeitraffungstests der zahlreichen technischen Makroobjekte. Nicht nur allgemeine Arrhenius- oder Eyring-Modelle (siehe z. B. [ 4,12 ] ), sondern auch alle spezifischen Modelle, die in [ 1-3 ] für die 15 verschiedenen elektrotechnischen Geräte angeführt waren, bestätigen die oben hergeleitete allgemeine Form (BF). So lautet, z. B., der Beschleunigungsfaktor für Resistoren (elektronische Komponente)

ß(P, Z, T) = (P  P0)C {1 + k[RP(Z - Z0 )]½}  ·  exp { D(T - T0) + RTP - RT0P0 },

wobei die Bezeichnungen P, Z, T entsprechend die Arbeitsleistung, Luftfeuchtigkeit und Prüfungstemperatur darstellen und die anderen Grössen Parameter der Widerstände und nötigen Konstante sind . Mit Index "0" sind hier Normalbedingungen bezeichnet.

Wegen der Allgemeinheit der Prämissen, die dem betrachteten Modell zugrunde liegen, kann man annehmen, dass dieses Model in verschiedenen Fachbereichen gilt. Bei den Makroobjekten, die nicht zu technischen, sondern zu sozialwissenschaftlichen, ökonomischen, wirtschaftlichen, medizinischen (siehe Abb. 3), ökologischen usw. Bereichen gehören, kann man Mechanismen der irreversiblen schadenbringenden Streuung der zweckgebundenen Bemühungen (verwandelnden Aktionen) herausfinden, die im Endeffekt als Energiestreuung (Dissipation) zu betrachten sind. Einer solchen Streuung sind ,zum Beispiel, Verluste in den Geschäften, Geldanlagen, Fließfertigungen usw. zuzurechnen. Wenn die Größe solcher Streuung abgeschätzt werden kann und die Bedingungen (QAB) erfüllt sind , ist diese Theorie gültig und anwendbar. Aus diesem Grund kann der Begriff "Frühausfälle" verallgemeinert und im weiteren als Anomalerscheinungen (AE) aufgefasst werden.

In Anbetracht der allgemeinen Form (BF) stehen wir nun im Begriff, auf der nächsten Seite eine Verallgemeinerung der FPK-Gleichung vorzunehmen und exakte verallgemeinerte Lösungen dieser Gleichung anzuführen. Aus diesem Grund werden die Schweifdynamik und Methoden der Diagnostik der Anomalerscheinungen exakt beschrieben. Dann ergibt sich die Möglichkeit, die auf den ersten Blick spekulativ erscheinenden Ideen der (4-1) - dimensionalen Zeit zu äußern.



© 2007. Michael Parfenov. E-Mail parfenm@gmx.de [Nach oben]
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